 
Dacia Spring – Wie groß ist klein?
31.08.2025
Kleinwagen! Dacia! Elektroantrieb! Made in China! Der Dacia Spring ist so etwas wie die Horrorvision all jener, die keine Ahnung von Autos haben, aber trotzdem ihren Selbstwert durch ihr Auto definieren wollen. Ich gebe ja zu, auch mir war der Dacia Spring nicht ganz geheuer – und das, obwohl ich am liebsten Kleinwagenfahrer bin (mit Ducato & Co. aber auch keine Probleme habe), mich seit Jahrzehnten mit E-Mobilität beschäftige und auch schon mit manchen elektrischen Leichtfahrzeugen meinen Spaß hatte.
Trotzdem: Wer über (E-)Autos schreibt, muss auch eine Ahnung haben, wie sich das derzeit günstigste E-Auto auf dem Markt fährt. Also ab zum Dacia-Händler und los geht’s mit der Probefahrt und vor allem mit der Klärung der wirklich essentiellen Fragen zu diesem Auto.
 
Frage 1: Wie detailverliebt ist schlicht?
Als Dacia anno 2004 den ersten Logan (damals als “5.000 Euro-Auto”) auf den Markt brachte, galt dieser als Inbegriff der Schlichtheit. Mittlerweile hat sich das geändert und zu den ganz schlichten Einstiegsvarianten hat sowieso kaum jemand gegriffen. Auch als Testfahrzeug bekomme ich nicht den ganz schlichten Spring Essential, sondern die Top-Variante Extreme.
Schon von außen fallen mir die stilisierten Großstadt-Stadtpläne auf den Front- und Heckschürzen auf. Witzige, einfache, aber wirkungsvolle Idee!
 
Mit dem Rebranding im Herbst 2022 hat Dacia Chrom komplett verbannt. Stattdessen sind bei den Top-Versionen sämtlicher Modelle die Rückspiegelkappen in mattem Kupferbraun gehalten, ebenso Details an den Lüftungssauslässen im Innenraum und der Markenschriftzug am Heck. Auf einen derartiges Wiedererkennungsmerkmal sind selbst die großen Luxusmarken noch nicht gekommen. Hut ab!
 
Beim Öffnen der Türen schlägt mein Wanderer-Herz gleich noch einmal höher. Höhenlinien auf den Einstiegsleisten und auf den Fußmatten! Damit macht der Spring Extreme nun endgültig klar, ein Bruder der Outdoor-Helden Duster und Bigster zu sein – und ich habe endlich ein Auto, das zu meiner Kameratasche passt, gefunden.
 
 
Antwort: Ja, auch an sich schlichte Autos können durchaus detailverliebt sein und oft genügen einfache Mittel, um einem Produkt eine gewisse Wertigkeit und Indivudalität zu geben.
 
Frage 2: Wie konventionell ist modern?
Elektroautos sind meist topmodern und oft voll mit moderner Technik. Was die mit Smartphones aufgewachsene Jugend begeistern mag, wirkt auf älteres Publikum oft abschreckend. Ich selbst kenne einige Menschen, die der Elektromobilität durchaus offen gegenüberstehen, aber dann beim ersten Mit- oder Probefahren von der vielen Elektronik abgeschreckt werden. Dass sagen wir einmal ein benzinbetriebener VW T-ROC auch nicht weniger Screens hat und Piepsgeräusche macht als beispielsweise ein elektrischer VW ID.3, ist halt vielen, die mit einem vor 2015 produzierten Fahrzeug unterwegs sind, nicht bewusst.
 
Wer allerdings Renault fährt, wird beim Dacia Spring schon bei der Schlüsselübergabe überrascht sein, denn der Spring hat tatsächlich noch einen Schlüssel und ein “Zünd”schloss zum Starten des Motors. Sogar die Stifte zum einzelnen ver-/entsperren der Türen gibt es noch bzw. wieder, denn selbst Sandero und Logan der 2. Generation hatten die schon nicht mehr.
Auch die Feststellbremse ist als konventionelle Handbremse ausgeführt. Jüngere Semester sollten das Bergauf-Anfahren damit vielleicht erst einmal auf weniger befahrenen Straßen üben. Im Gegensatz zu Verbrennern mit Schaltgetriebe ist aber auf jeden Fall das Abwürgen des Motors ausgeschlossen.
 
Zwei Bildschirme hat der Spring aber trotzdem. Wer andere Konzernmodelle, wie etwa den Renault 4 oder den Renault 5 kennt, wird mit den meisten Funktionen vertraut sein. Auch Verbrenner-Modelle wie der Nissan Townstar sind im Großen und Ganzen ähnlich zu bedienen. Aber selbst wer noch nie etwas aus dem Renault-Konzern gefahren ist, wird sich gut zurechtfinden. Die Zeiten, als jedes französische Auto voller Eigenheiten war, sind glücklicherweise vorbei, das gilt übrigens auch für Stellantis.
Auf diverse mittlerweile gesetzlich vorgeschriebene Piepserchen wie Geschwindigkeitswarner darf natürlich auch der Spring nicht verzichten.
Antwort: Auch in einem Elektroauto muss nicht jede Funktion elektronisch sein.
 
Frage 3: Wie groß ist klein?
3,73 m ist der Spring lang. Das klingt erst einmal wenig. Der Spring ist aber beispielsweise um 14 cm länger als der Renault Super-5 in der 2. Generation als Dreitürer war. Selbst der bis 2001 gebaute Polo III ist anderthalb Zentimeter kürzer als der Spring.
Nicht ganz 300 Liter passen in den Kofferraum. Mit einer optionalen Kunststoffwanne kann man den Motorraum zum Frunk machen. Mehr als genug für die Alltagsbeladung, die im Normalfall (auch wenn es niemand zugibt) aus Laptoptasche oder Rucksack, Jausenbox und einer Getränkeflasche besteht. Vor allem aber mehr als nicht wenige Kleinwagen mit um die 4 m Außenlänge bieten.
 
Im Innenraum gefallen die vielen Ablagefächer. Zumindest jenes auf der Beifahrerseite, das allerdings auch ziemlich rutschig ist. Aber egal, einfach eine Antirutschmatte für um die 10 Euro kaufen und zurechtschnibbeln. Die Fächer in den Vordertüren sind zwar praktisch, nehmen aber auch Platz weg und verhindern eine etwas bequemere Stellung des bei E-Autos arbeitslosen linken Beins. Im Allgemeinen fühlt man sich schon etwas an den linken Rand gedrängt.
 
Dass bei einem 3,73 m langen Auto im konventionellen Two-Box-Design nicht viel Kniefreiheit im Fond überbleiben kann, liegt in der Natur der Sache. Die Kleinwagen, mit denen meine Generation von den Müttern zu Schule, Sport und Musikunterricht gekarrt wurde, waren aber auch nicht größer.
 
Von Vorteil sind die Abmessungen natürlich in der Stadt. Nicht nur, dass man kleine Gässchen problemlos durchfahren kann, auch beim Einparken gibt es kaum Probleme. Überlegen, ob noch genug Platz zum Öffnen der Beifahrertür oder der Heckklappe bleibt? Unnötig!
 
Besonders überrascht hat mich das Fahrverhalten auf dem Kopfsteinpflaster in der Kremser Altstadt. Dieses federt der kleine Spring erstaunlich gut weg, besser als so manche größere und teurere Autos.
Antwort: Klein ist mittlerweile ganz schön groß, am stärksten gewachsen sind aber wohl unsere Ansprüche. Für alle, die fast immer nur alleine mit Rucksack und Jause zur Arbeit unterwegs sind, ist ein Spring überraschend groß.
 
Frage 4: Wie stark ist schwach?
Für die Fahrt zur Arbeit ist das Auto also groß genug. Aber ist es auch stark genug? Also führt mich meine erste Fahrt gleich einmal zu meinem Arbeitsplatz.
48 kW, also 65 PS, bringt das kleine E-Motörchen als Maximalleistung. Wann bin ich zum letzten Mal ein so schwaches Auto gefahren? Bei Dieseln muss es 2007 gewesen sein, bei Benzinern 2002. Die Nenndauerleistung beträgt gar nur 18,6 kW (25,3 PS).
Los geht’s in Krems. Im Stadtverkehr fehlt natürlich keine Leistung. Auch auf dem kleinen Stückchen S5 sprintet der Spring locker-lässig los. Jetzt die Auffahrt zur B37 in Richtung St. Pölten. Die Straße ist mir selten so breit vorgekommen. Kann der Diesel-Hochdachkombi vor mir nicht schneller fahren? Sobald ich auf der vierspurigen B37 bin, überhole ich ihn problemlos. 13,7 Sekunden von 0 auf 100 sagt das Datenblatt, das ist nicht viel, aber für Kleinwagen ein normaler Wert. Nach dem Knoten Krems-Süd darf ich 130 km/h fahren. Aber kann ich es auch? Der Spring riegelt bei 125 km/h ab. Als tatsächlich nichts mehr geht, zeigt der Tacho 130 km/h an. Dass analoge Tachos bei 125 km/h schon 130 km/h anzeigen, ist durchaus normal, woher der Spring weiß, dass er abriegeln muss, ist mir ein Rätsel. Auf jeden Fall wirkt der Spring auch bei Top-Speed nicht gequält.
Bei der Abfahrt Hollenburg geht es wieder runter. Kurz mit 50 km/h durch Kleedorf durch und dann bergauf nach Krustetten. Was für jeden Benzinmotor dieser Leistungsstufe eine Qual ist, stellt für den Spring kein Problem dar. Mit seinen 113 Nm Drehmoment zieht er das nur 1.050 kg schwere Auto (und mich) mühelos die kurvige Bergstraße hinauf.
Dank niedrigem Schwerpunkt liegt der Spring trotz seiner feldwegtauglichen Bodenfreiheit und trotz der schmalen Reifen überraschend gut auf der Straße, sodass man seine Wendigkeit (nur 9,6 m Wendekreis!) auch gut ausnutzen kann!
Antwort: 65 PS (oder gar 25 PS Nenndauerleistung) klingen nach verdammt wenig. Werden sie aber von einem Elektromotor erbracht, der damit nur knapp über 1 Tonne Fahrzeuggewicht hochziehen muss, sind sie im Alltag völlig ausreichend.
 
Frage 5: Wie qualitativ hochwertig ist “Made in China”?
Zuerst einmal klären wir das kurz mit “Made in China”. Der Dacia Spring ist eigentlich ein Renault Kwid mit Elektromotor. Der Kwid ist ein in Indien von Renault-Nissan für Indien gebautes Modell. Für die Elektrifizierung hat man auf einen alten Nissan-Kooperationspartner, nämlich Dongfeng in Wuhan (ja, DEM Wuhan) zurückgegriffen. Dongfeng ist bei sonst vor allem als Kooperationspartner von PSA bekannt. Wer in Facebook-Gruppen zum Thema Auto-Exoten unterwegs ist, wird vielleicht die von Dongfeng produzierten Stufenheck-Versionen von Peugeot 206, 408, Citroën ZX und C4 kennen.
Wer Dacia kennt, weiß, dass die Modelle an sich recht robust sind, zwar vielleicht nicht die teuersten Materialien haben, aber pflegeleicht sind. Chinesische Autos mögen zwar in der Vergangenheit schlampig zusammengebaut worden sein, das ist aber lange her und es waren praktisch nur Eigenimporte, die damals durch den Kakao gezogen wurden.
Sämtliche mir bekannte chinesische Autos, die es bei uns offiziell zu kaufen gibt, sind hervorragend verarbeitet und bieten eine Materialqualität, die fast immer über dem in der jeweiligen Klasse üblichen europäischen Niveau liegt.
Dass China heute noch immer günstige Preise bieten kann liegt nicht mehr an schlampiger Arbeit, auch nicht an billigen Arbeitskräften (Chinesen verdienen mittlerweile mehr als Serben!), sondern an der geballten Einkaufspower bei der Rohstoffbeschaffung.
Kurzum: Der Spring ist gut verarbeitet, nicht trotz sondern weil er ein Dacia und made in China ist.
Was mutmaßlich bewusst weggelassen wurde, ist Dämmaterial. Das merkt man beim Zurückschnallen der Türgriffe und beim Schließen der Türen. Im Fahrbetrieb merkt man dank E-Antrieb und 165 mm schmalen Reifen aber kaum was.
Antwort: Der Dacia Spring ist gut gemacht und ich konnte keine Spur von Schlamperei entdecken. Die geringe Dämmung merkt man nur beim Einsteigen, nicht beim Fahren.
 
Frage 6: Wie luxuriös ist einfach?
Ja, der Spring IST auch in der Extreme-Ausstattung einfach ausgestattet. Es gibt eine Klimaanlage, aber keine Klimaautomatik. Fensterheber gibt es vorne und hinten. Zur Navigation über das Multimediasystem muss man das eigene Smartphone anschließen. Tempomat, Servolenkung und Lichtautomatik gibt es genauso wie Zentralverriegelung. Die Rückfahrkamera ist einfach, also keine Panoramakamera. Mit ESP, Emergency Call, Seiten- und Curtainbags, Spurhalteassistent, Müdigkeitswarner, Verkehrszeichenerkennung, Geschwindigkeitswarner, aktivem Notbremsassistenten, Parksensoren hinten (optional auch vorne) und weiteren Sicherheitsausstattungen bietet der Spring zum Teil Features, die sich vor nicht einmal 20 Jahren nur ein Teil der Mercedes-Käufer gegönnt hat – falls sie überhaupt bestellbar waren.
Komplett überraschende Features, wie sie manche anderen chinesischen Autos bieten, wird man im Spring jedoch nicht finden.
Auf Sitz- und Lenkradheizung, die im Winter wertvolle Energie sparen würden, muss der Spring leider verzichten. Der vergleichsweise kleine Innenraum wird sich aber wahrscheinlich auch vergleichsweise schnell beheizen lassen.
Antwort: Der Spring hat alles, was vorgeschrieben ist und praktisch alles, was man wirklich braucht und darüber hinaus noch ein bisschen mehr.
 
Frage 7: Wie teuer ist billig?
In der Extreme-Version kostet der Spring derzeit (August 2025) in Österreich ungefähr 21.000 Euro. Das ist schon etwas mehr als koreanische Kleinstwagen mit Benzinmotor in der Basisausstattung kosten und auch mehr als die günstigeren Sandero-Versionen kosten.
Mit dem Strom knausert der Spring. Auch mit spritziger Fahrweise kommt man kaum über 15 kWh/100 km. Wer nur 15 km zur Arbeit und sonst keine Wege hat, braucht im Idealfall nur einmal in der Woche zur Ladestation.
Zu Warten wird es wenig geben und auch die Verschleißteile werden günstiger sein als bei den meisten anderen am Markt erhältlichen Modellen.
Zumindest bei uns in Österreich sind Versicherung und KfZ-Steuer bei knapp 19 kW Dauerleistung und 1050 kg Leergewicht minimalst.
Antwort: Der Dacia Spring ist zwar teurer als vergleichbar kleine Benziner, aber es wird wohl kaum ein anderes Auto geben, das im Unterhalt so günstig ist.
 
Fazit
Der Spring ist natürlich kein Auto für den Familienurlaub und auch ansonsten für Familien mit Kindern nur als Zweitwagen geeignet. Wer im Außendienst überregional unterwegs ist, sollte vielleicht auch ein anderes Gefährt suchen.
Für alle, die ihr Auto nur benötigen, um alleine mit Tasche und Jause einen durchschnittlichen Arbeitsweg zurückzulegen und ihren Selbstwert nicht von der Größe und Leistung ihres Autos abhängig machen, ist der Dacia Spring Extreme ein überraschend gutes, spritziges und wendiges Fahrzeug, das durchaus auch Fahrspaß bietet, mit netten Details erfreut und im Unterhalt unschlagbar günstig ist.
Meine anfänglichen Bedenken sind so gut wie alle weggewischt, der Spring ist in jeder Hinsicht besser als selbst von mir erwartet. Am Ende des Tests war ich nicht froh, wieder aussteigen zu dürfen, sondern im Gegenteil sogar etwas traurig, ihn schon wieder zurückgeben zu müssen.
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