Maxus eTERRON 9

Maxus eTERRON 9 – Beeindruckend unbeeindruckt (Kurztest)

18.10.2025

Pick-Up und E-Antrieb? Widerspruch oder Idealkombination?

Im Rahmen der Mobilitätsveranstaltung “Men’s World” durfte ich den Maxus eTERRON 9 einem kurzen Test unterziehen. Da war natürlich keine Zeit zur langen Locationsuche und auf blauen Himmel konnte ich auch nicht warten.

Mit den Pick-Ups ist es ja so eine Sache. Nicht wenige kaufen sich diese Fahrzeuge, um Eindruck zu schinden und dazu gehört für viele auch ein laut brummender V8- oder zumindest V6-Motor. Ein flüsterleiser E-Motor mag da nicht ganz dazu passen. Aber natürlich gibt es auch viele, die Pick-Ups ihrer eigentlichen Bestimmung entsprechend in der Land- und Forstwirtschaft nutzen.

Bevor ich loslege, eine kurze Einführung zur Marke Maxus. Meine österreichischen Leser werden Maxus sicherlich mittlerweile von den Modellen eDELIVER 3 und eDELIVER 5, die mittlerweile zu tausenden als Postautos durch unser Land fahren, kennen. Für alle anderen erzähle ich es kurz. Auf Geheiß der Regierung Thatcher wurde Anfang der 1980er-Jahr die staatliche BLMC (British Leyland Motor Corporation), der damalige Mutterkonzern fast aller britischen Marken, zerschlagen und privatisiert. Die Nutzfahrzeugsparte von Austin Rover wurde im Zuge dessen als “Freight Rover” ausgegliedert. Freight Rover ging ein paar Jahre später zusammen mit Leyland Trucks (einer weiteren früheren BLMC-Marke) an den niederländischen DAF-Konzern und wurde zu Leyland DAF. Das Eheglück währte nur kurz, 1993 wurde DAF insolvent und in vier Unternehmen aufgespalten. Eines davon war LDV, spezialisiert auf leichte Nutzfahrzeuge. LDV wurde später vom russischen Hersteller GAZ übernommen. 2009 folgte eine weitere Insolvenz. Daraufhin kaufte die chinesische SAIC das Unternehmen. 2011 wurde dann der Name Maxus, der bereits 2004-2008 als Modellname gedient hatte, zum Markennamen.

Maxus eTERRON 9

Doch nun genug Geschichtsunterricht, sehen wir uns das Riesending einmal an. Die Abmessungen sind leicht zu merken: Länge exakt fünfeinhalb Meter, Breite exakt zwei Meter. In der Länge übertrifft er also den aktuellen Ford Ranger um ca. 15 Zentimeter. Das eckigen Radhäuser und die kantige Front mit dem breiten LED-Band lassen den eTERRON 9 jedoch wesentlich wuchtiger wirken.

Maxus eTERRON 9

Die Ladefläche ist erwartungsgemäß riesig, die Klappe klappt elektrisch nach unten und damit man nicht so hoch heben muss, kann die Luftfederung das Heck um ein paar Zentimeter absenken. Apropos Luftfederung: Diese wird während der Fahrt automatisch reguliert. Auf ebenen Straßen wird das Fahrzeug zwecks Verbrauchsoptimierung und Kurvenverhalten abgesenkt, im Gelände angehoben. Entsprechend können meine Standfotos nichts über die Bodenfreiheit aussagen.

Maxus eTERRON 9

Beeindruckend auch der Frunk. Hier finden 236 Liter Gepäck ihren Platz. Neben den Ladekabeln also auch noch das Gepäck für den Wochenendausflug. Im praktischen Betrieb in der Land- und Forstwirtschaft sicherlich relevanter ist die V2L-Funktion (Vehicle 2 Load). Im Frunk stehen ein paar 2,2 kW-Steckdosen zur Verfügung, an der Ladefläche noch ein 6,6 kW-Anschluss. Wer einen eTERRON 9 fährt braucht also kein Notstromaggregat mehr. Egal ob man den Strom zum Ausleuchten, für elektrisch betriebenes Werkzeug oder zum Laden von Akku-Werkzeug benötigt, man kann ihn stets vom Auto abzapfen. Selbst einen kleinen Würstelstand oder eine Punschhütte könnte man damit betreiben. Da der Fahrzeugakku 102 kW fasst sogar über viele Stunden.

Maxus eTERRON 9

Im Innenraum erwarten einen – wie man es mittlerweile von chinesischen Marken kennt – hochwertige Materialien. Im eTERRON 9 sind sie auch sehr gekonnt und geschmackvoll eingesetzt. Das Platzangebot ist riesig. Besonders erfreulich ist auch die einfache Bedienung. Maxus weiß, dass man im schwierigen Gelände definitiv nicht erst durch unzählige Menüpunkte klicken möchte, um eine Funktion zu aktivieren. Die groben Arbeitshandschuhe sollte man jedoch lieber ausziehen, manche Knöpfe sind doch eher zierlich.

Maxus eTERRON 9

Vom Cockpit aus gesehen fühlt sich der eTERRON 9 erst einmal genauso breit an, wie er wirkt, nach ein paar hundert Metern hat man sich jedoch daran gewöhnt. Nach kurzer Fahrt durch Rohrendorf ging es den Viehtriftweg hinauf. Hier zeigte der E-Antrieb mit insgesamt 442 PS (170 PS vorne und 272 PS hinten) seine Vorzüge. Dort, wo jeder Benzinmotor höllisch aufheult und jede Dieselmaschine laut brummt, ziehen die beiden E-Motoren mit ihren 700 Nm das 3-Tonnen-Fahrzeug absolut unbeeindruckt hinauf.

Maxus eTERRON 9

Ein kleines Kuriosum hat der eTERRON 9 dennoch zu bieten: Die Türen werden nicht manuell über Seilzug, sondern elektrisch über eine kleine Taste geöffnet. 

Maxus eTERRON 9

Bei der Bergabfahrt kam bei mir leichte Panik auf. Der von mir gewählte Hohlweg war doch etwas eng. Doch siehe da: Auch der Maxus hat gemerkt, dass es eng wird und automatisch die Front- und die Panoramakamera für mich aktiviert. So wurde die Rückfahrt zum Kinderspiel und wahrscheinlich einfacher als mit manchem modernen Kleinwagen.

Auf der Straße fährt der eTERRON 9 souverän und beschleunigt in beeindruckenden 5,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Der 3-Tonnen-Pick-Up hängt somit auch den einen oder anderen Sportwagen beim Ampelsprint ab. Im Schnitt liegt der Verbrauch nach WLTP bei 26,7 kWh pro 100 km. Das ist ein Benzinequivalent von 2,94 l/100 km – also wie ein VW Lupo in der Supersparversion. Ein Diesel-Pickup dieser Leistungsklasse wird ca. 3-4 mal so viel brauchen, ein Benziner ca. 4-6 mal so viel. Im Gegensatz zu diesen kann man die Energie des E-Pick-Ups jedoch auch selbst produzieren.

Die Reichweite ist mit 430 km angegeben. Obwohl mit maximal 115 kW DC geladen werden kann, kann der Akku in 42 Minuten von 20 auf 80% geladen werden.

Ein Vorab-Fazit für alle, die einen Pick-Up zum Posen haben möchten: Ja, der Maxus eTERRON 9 sieht beeindruckend aus. Ja, der Maxus eTERRON “verbläst” so gut wie alle derzeitigen Pick-Ups (bis auf die Spitzenversionen des RAM 1500). Ja, der Maxus eTERRON ist auch schnell, luxuriös und komfortabel. Ja, Ihr könnt damit auch von Wien in die Berge fahren. An der Ampel könnt ihr zwar damit nicht “brumm-brumm” machen, aber dafür wird es dem Öko-Fuzzi die Jesuslatschen ausziehen, wenn ihr ihm erzählt, dass Euer Monster da weniger Energie benötigt als sein mickriger Lupo. So schaut’s aus.

Jetzt aber ernst! So blödsinnig ich Pick-Ups als Poser-Autos finde, durch meinen “Brotberuf” als Marketingmitarbeiter in einem Betrieb, der Dienstleistungen für Land- und Forstwirtschaft anbietet, kenne ich natürlich auch die Vorzüge von Pick-Ups in ihrem ursprünglichen und sinnvollen Verwendungszweck.

Einen längeren Test auf steilen Waldwegen konnte ich zwar leider nicht durchführen, aber schon bei der kurzen Fahrt haben sich viele Vorteile des E-Antriebs im Pick-Up gezeigt. Die Mühelosigkeit, wie die beiden E-Motoren Steigungen bewältigen, ist beeindruckend. Das Fahrzeug als Stromquelle benutzen zu können, ist ein Riesenplus für alle, die unterwegs elektrische Energie für Werkzeuge und Beleuchtung brauchen. Die 400 km Reichweite wird für die meisten in der Land- und Forstwirtschaft tätigen auch völlig ausreichen. Schmutz und Staub können beim E-Antrieb maximal den Klimaanlagenfilter verstopfen, der Motor muss ja keine Luft ansaugen. Somit fällt beim E-Pickup auch die Gefahr des Wasseransaugens beim Furten von Bächen weg.

Der einzige Wehrmutstropfen ist das hohe Eigengewicht, das die Zuladung doch auf rund 600 kg einschränkt. Wer schwere Lasten zu transportieren hat und einen “E zu B”-Führerschein hat, darf mit dem eTERRON 9 dafür bis zu 3,5 Tonnen ziehen – perfekt für Pferde- und sonstige Anhänger.

Fazit

Elektrisch betriebene Pick-Ups sind derzeit noch Exoten. Für den Großteil jener, die einen Pick-Up seiner eigentlichen Bestimmung nach – also in der Land- und Forstwirtschaft – nutzen, ist der E-Antrieb aber keine Öko-Spinnerei, ja nicht einmal ein fauler Kompromiss, sondern in den meisten Fällen die ideale Antriebsform. Das gilt natürlich insbesondere für die vielen landwirtschaftlichen Betriebe, die schon jetzt PV-Anlagen auf ihren Dächern haben und ihren selbst erzeugten Strom lieber selbst benutzen möchten, als ihn zu Spottpreisen an die Energieversorger verkaufen und stattdessen fossile Treibstoffe von Konzernen und/oder Diktatoren zu kaufen.

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