
Renault 5 – Everlasting Love?
23.02.2025
Endlich ist es so weit: Der Renault 5 feiert sein Comeback! Die erste Generation dieses Kultautos wurde von 1972 bis 1985 produziert (im Iran sogar bis 2007), die zweite Generation, auch als “Supercinq” bekannt, von 1984 bis 1996. Die Kastenwagenvariante Express – in Deutschland als Rapid vermarktet – durfte sogar zwei Jahre länger auf den Straßen bleiben.
Der Ur-Renault 5 setzte Maßstäbe: Er war das erste Auto mit Kunststoffstoßfängern, gehörte zu den frühen Modellen mit Heckklappe und bot Komfort- und Ausstattungsmerkmale, die selbst in der Mittelklasse damals noch keine Selbstverständlichkeit waren.
Wie bei vielen legendären Autos hat fast jeder über 40 seine eigene Renault 5-Geschichte. Sei es die wilde Oma „Poupette“, die im Kultfilm La Boum mit ihrer Enkelin Vic (gespielt von Sophie Marceau) in einem fünftürigen R5 durch Paris bretterte – oder persönliche Erinnerungen an das eigene erste Auto. In meinem Fall habe ich im Kindergarten nicht für Sophie bzw. Vic (für den Film war ich noch zu jung), sondern für den Renault 5 geschwärmt. Mit 10 Jahren erfüllte sich mein Wunsch zumindest indirekt, als meine Mutter endlich einen Supercinq kaufte. Mit 18 durfte ich ihn fahren, mit 19 kaufte ich ihn ihr ab, und mit 22 verkaufte ich ihn – ein Fehler, den ich bis heute bereue. War es eine Liebe fürs Leben?
Je nach Zählweise vergingen mindestens 17 Jahre zwischen dem letzten R5 und dem neuen Modell – wir sprechen also von einem Retro-Fahrzeug. Doch Retro ist so eine Sache: Seit rund 35 Jahren erleben diverse Retromodelle – mit unterschiedlichem Erfolg. Während der Mini und der Fiat 500 zu Dauerbrennern wurden, geriet der VW (New) Beetle nach einem ersten Hype in einen stetigen Abwärtstrend und verschwand schließlich sang- und klanglos vom Markt. Noch schneller ging es beim Chrysler PT Cruiser.

Die Marketing-Strategen von Renault waren also gewarnt, als sie 2021 das erste Konzeptfahrzeug präsentierten.
Daher nähern wir uns dem neuen Renault 5 mit gebotener Vorsicht. Apropos nähern: Sobald man sich dem Renault 5 E-Tech mit der Schlüsselkarte in der Hosen- oder Handtasche nähert, entriegelt er automatisch und aktiviert die Standbeleuchtung. Kommt man noch näher, klappen die Außenspiegel aus – und ja, es sind tatsächlich noch klassische Spiegel.
Auch die Türgriffe der Vordertüren sind konventionell gestaltet, keine versteckten Griffmulden wie bei den dreitürigen Originalen. Die hinteren Türgriffe hingegen sind dezent in der Seitenscheibe integriert – eine Lösung, die bereits bei der vierten und fünften Generation des Clio zum Einsatz kam.

Schließen wir die Außenbetrachtung mit einem Blick aufs Dach ab: Es ist optional in Schwarz erhältlich, während die Dachlinie in Rot oder Titan gewählt werden kann. Zusätzlich bieten Sticker weitere Möglichkeiten zur Individualisierung.
Schon daran erkennt man, dass der Renault 5 E-Tech kein reines Vernunftauto ist – ganz im Gegensatz zur Zoé oder den Basisversionen des Ur-Modells. Stattdessen positioniert sich der Neue klar als Lifestyle-Fahrzeug, ähnlich wie der Mini oder der Lancia Y. Und dank seines dynamischen Designs darf er wohl sogar in der Basisversion als echter Hot Hatch durchgehen.



Steigen wir also ein. Der Innenraum wirkt mit seinen zwei Bildschirmen hochmodern, während die Form des Armaturenbretts eine Hommage an die erste Generation des R5 ist. Der verwendete Jeansstoff erinnert eher an die Bezüge des legendären VW Käfer „Jeans“ als an einen klassischen Renault. In Kombination mit der stimmungsvollen LED-Beleuchtung, deren Farbe sich je nach Fahrmodus ändert, entsteht eine ansprechende, aber klar strukturierte Atmosphäre – weit entfernt vom zerklüfteten Hartplastik-Interieur des Supercinq.
Die Material- und Verarbeitungsqualität ist durchwegs hoch – höher als bei allen bisherigen Renault-Kleinwagen und absolut vergleichbar mit den Modellen der Premium-Marken in diesem Segment.
Das Lenkrad, das im Winterpaket nicht nur mit Leder bezogen, sondern auch beheizbar ist, ist oben und unten stark abgeflacht. Glücklicherweise erinnert es nur noch für die eingefleischtesten Automobilhistoriker an das „Quartic“-Lenkrad des berüchtigten Austin Allegro.
Ein Rätsel bleibt jedoch: Warum hat Renault auf Haltegriffe verzichtet? Schon beim Supercinq gehörten sie ab der Ausstattungslinie „TL“ zur Serie. Praktisch wären sie allemal.
Der Renault 5 ist zwar nicht so eng, wie oft behauptet wird, aber er erfordert lediglich etwas Geschick bei der Sitzverstellung und beim Einsteigen. Schiebt der Beifahrer die Beine leicht unter bzw. die Zehen hinter das Handschuhfach und stellt den Sitz etwas höher, kann der Hintermann seine Füße unter den Sitz schieben und hat auch ausreichend Platz für die Knie.
Was die Breite betrifft, gibt es keinen Grund zur Klage: Der Renault 5 E-Tech bietet mehr als genug Raum. Kuschelalarm wird hier sicherlich seltener ausgelöst als im Clio IV und seinen zahlreichen Derivaten.
Für den Test stand mir ein Renault 5 E-Tech 150 Techno zur Verfügung. Sein Elektromotor leistet maximal 110 kW (150 PS), während die über 30 Minuten abrufbare Nenndauerleistung bei 78 kW (106 PS) liegt – eine Kennzahl, die in Österreich auch die Versicherungsprämie beeinflusst.
Der Start erfolgt, wie bei Renault mittlerweile üblich, per Knopfdruck. Anschließend wählt man „R“ oder „D“ und kann losfahren. Wer zuerst rückwärts ausparken muss, könnte sich an den nicht versenkbaren Nackenstützen stören – doch dank der Rückfahrkamera bleibt die Sicht nach hinten trotzdem gut.


Wie nahezu jedes Elektroauto ist auch der Renault 5 E-Tech kinderleicht zu fahren. Neben den drei vorprogrammierten Fahrmodi Eco, Comfort und Sport gibt es zudem die Möglichkeit, ein individuelles Profil anzulegen.
Im Eco-Modus wird die Höchstgeschwindigkeit auf 115 km/h begrenzt, und die Beschleunigung fühlt sich spürbar gedämpft an. Subjektiv fällt das jedoch aufgrund der fehlenden Motorgeräusche weniger auf als erwartet. Objektiv bewegt man sich in etwa auf dem Niveau eines Clio IV mit 95-PS-Diesel. Wer es dynamischer mag, kann den Sport-Modus aktivieren – dann sprintet der kleine Flitzer in nur 8 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Zum Vergleich: Das ist eine halbe Sekunde schneller als ein Porsche 911 jener Zeit, als der erste Renault 5 Premiere feierte. Dieser hatte damals übrigens ebenfalls 150 PS.
Die Fahrmodi lassen sich per Knopfdruck wechseln. Wer sich einmal mit dem nicht allzu komplizierten Bildschirmmenü vertraut gemacht hat, wird jedoch feststellen, dass die Bedienung darüber oft schneller ist – entgegen vieler Usability-Theorien.
Mit den Fahrmodi ändert sich, wie bereits erwähnt, auch die Farbe der Innenraumbeleuchtung.
Navigiert wird über Google Maps, während die Sprachsteuerung mit dem Avatar Reno zusätzliche Bedienhilfe bietet. Die Menüführung ist insgesamt intuitiv und gut verständlich.
Reichweite usw.

Widmen wir uns jetzt einem Aspekt, der interessanterweise fast ausschließlich bei Elektroautos zur Sprache kommt: der Reichweite.
Das Testmodell verfügt über eine Akkukapazität von 52 kWh, während die schwächeren Varianten mit einem 40-kWh-Akku ausgestattet sind. Laut WLTP liegt der Verbrauch bei 15,2 kWh/100 km, was eine Reichweite von 405 km ergibt. Viel mehr hab ich damals mit jugendlicher-forscher Fahrweise und 42-Liter-Tank mit dem Supercinq auch nicht geschafft.
Auch wenn die sonnigen Bilder eine angenehme Wärme suggerieren – die Tests fanden nach einigen der kältesten Nächte dieses Winters statt. Entsprechend hoch war der Verbrauch bei morgendlichen Fahrten. Doch durch gezielte Maßnahmen ließ sich der Energieverbrauch deutlich senken: Wer statt der Innenraumheizung Sitz- und Lenkradheizung nutzt, im Eco-Modus fährt, vorausschauend unterwegs ist und den Tempomat anstelle von häufigem Beschleunigen und Bremsen mit den Pedalen verwendet, kann eine Menge einsparen.
Mit dieser Strategie kam ich auf ein Tagesmittel von 17,5 kWh/100 km – also nur 15 % über dem Normverbrauch, und das unter alles andere als idealen Bedingungen. Mit Verbrennern habe ich solche Werte im Winter selten erreicht.
Nach der Fahrt durfte ich mir über den Bordcomputer noch einige Tipps für sichereres und ökologischeres Fahren holen und so gesehen, dass es noch einiges Einsparpotential gibt.


Im Winter sollte man realistisch mit einer maximalen Reichweite von etwa 200 km rechnen. Bei der AC-Ladung setzt hier Renault auf sowohl Akku als auch das Stromnetz schonende 11 kW. Die Zoé hat hier das doppelte geboten. Dafür punktet der Renault 5 E-Tech bei der DC-Schnellladung: Die 150-PS-Version lädt mit bis zu 100 kW, die 120-PS-Version mit 80 kW. In beiden Fällen erreicht man in rund 30 Minuten eine Ladung von 15 auf 80 % – eine praxisnahe und ausgewogene Lösung. Langstreckenfahrer werden ohnehin auf andere Modelle setzen.
Ein kleines, aber wichtiges Detail: Die Ladebuchse befindet sich nicht hinter dem Renault-Logo an der Front, sondern im linken Kotflügel. Das bedeutet, dass man beim Parken am Straßenrand ordentlich einparken muss, um laden zu können ohne dass das Kabel auf der Straße liegt. Präzises Einparken ist jedoch mit dem Renault 5 ohnehin kein Problem.
Ein weiteres charmantes Feature: Die große „5“ auf der Motorhaube – darunter verbirgt sich tatsächlich der Motor und kein Frunk – dient als Ladestandsanzeige. Das Laden wird durch Blinken angezeigt.
Fazit
Wie bereits erwähnt, ist der Renault 5 E-Tech ganz klar ein Lifestyle-Auto – und er braucht sich in puncto Verarbeitungs- und Materialqualität nicht hinter Luxus-Kleinwagen zu verstecken.
Emotional gehört der kleine Freund zweifellos zu den ansprechendsten Kleinwagen unserer Zeit. Da nimmt man kleinere Schwächen gerne in Kauf. Einen besseren Elektro-Kleinwagen kenne ich (noch) nicht – und günstigere Alternativen sind meist spärlich ausgestattet und beengt.
Seine schärfste Konkurrenz wird in naher Zukunft wohl aus dem eigenen Haus kommen. Der Renault 4 wird mit größerem Kofferraum und umklappbarem Beifahrersitz für über 2 Meter Ladelänge auch für Familien interessant sein. Der Twingo wiederum dürfte mit cleveren Lösungen und einem niedrigeren Preis die erste Wahl für junge Leute werden. Beide Modelle werden – typisch Renault – auch nicht emotionslos sein.
Aber ist der neue Renault 5 ein würdiger Nachfolger der Ur-Modelle? Die Antwort lautet: Jein. Für all jene, die sich damals nur einen relativ nackten L, TL oder eines der Sondermodelle wie den Tonic leisten konnten, vermutlich nicht – für sie dürfte der neue Twingo die bessere Wahl sein. Wer jedoch einst den Komfort eines GTL, GTX oder gar Baccara genossen hat oder einen sportlichen GT Turbo oder GTE fuhr, wird im neuen Renault 5 voll auf seine Kosten kommen.
Und für die echten Performance-Fans gibt es den Renault 5 E-Tech auch als Alpine A290 mit bis zu 160 kW (218 PS). Ein absolut würdiger Nachfolger der Alpine-Modelle der ersten Generation. Zudem steht eine elektrische Neuauflage des legendären pausbäckigen Hecktriebler-Turbos bereits in den Startlöchern.
Everlasting Love? Absolut!
Technische Daten:
Renault 5 E-Tech Techno 150
Motor: Fremderregter Synchron-Elektromotor, vorne eingebaut
Antrieb: Frontantrieb
Leistung: 110 kW (150 PS)
Max. Drehmoment: 245 Nm
Akku: NMC-Lithium-Akku, 52 kWh
Höchstgeschwindigkeit: 150 km/h (abgeregelt)
Beschleunigung: 0-100 km/h in 8,0 s
Energieverbrauch: 15,2 kWh / 100 km (kombiniert nach WLTP)
Reichweite: 405 km
Max. Ladeleistung: 11 kW AC, 100 kW DC
Leergewicht: 1.524 kg
Video
Mit Hilfe von ChatGPT und Suno (wie das geht findet man hier erklärt) habe ich diesen Chanson erstellt. Viel Spaß!