
Renault Scénic E-Tech – Familienfreund mit Wohlfühlreichweite
25.09.2025
Mit dem Auto des Jahres 2024 ohne Nachladen von der Wachau ins Mittelburgenland und zurück – ist das möglich?
Ein vollgeladenes E-Auto mit rund 600 km Reichweite nach WLTP, ein ganzer freier Tag und viel Sonnenschein. Was macht man da als schreibender Weinbergwanderer? Richtig, man macht sich dorthin auf, wo man noch nicht gewandert ist. Ich habe mich spontan entschieden, endlich auch einmal im Mittelburgenland wandern zu gehen, dem letzten burgenländischen Weinbaugebiet, das auf Weinbergwandern.at noch nicht präsent war.

Das Autohaus Mitterbauer-Smola hat mir dankenswerter Weise den Scénic E-Tech in der 220 PS-Version mit stolze 87 kWh Akku-Kapazitiät und der edel-sportlichen Ausstattungslinie “Esprit Alpine” für einen Tag zur Verfügung gestellt.

Im Innenraum ist tatsächlich der Geist der Sportwagen-Tochter Renaults zu sehen und vor allem zu spüren. Teilleder-Sportsitze, ein edles Leder-Lenkrad, Leder im Cockpit und so weiter. Alles gekonnt und stilvoll eingesetzt, niemals übertrieben.
Wer es noch sportlicher haben möchte, muss noch ein bisschen warten, in Kürze wird es auf derselben Basis den Alpine A390 geben.

Bevor es losgeht, muss erst einmal Wander- und Fotoausrüstung verstaut werden – und die ist äußerst umfangreich. Den 545-Liter-Kofferraum des Scénic hat sie jedoch gerade einmal bis zur Ladekante gefüllt. Darüber wäre noch genügend Platz für einen einwöchigen Familienurlaub gewesen.
Bei Fahrtbeginn werden mir noch 584 km Reichweite und 100% Ladestand angezeigt. Laut Navi sollte ich mit 53% Ladestand an meinem ersten Ziel, der Gemeinde Markt Sankt Martin, ankommen.
Mein Ziel ist es, nicht nachladen zu müssen. Die ersten Kilometer auf der B37a und danach auf der S33 lassen mich etwas zweifeln. Pro gefahrenem Kilometer verliere ich rund zwei Kilometer Restreichweite. Schaffe ich das?
Natürlich muss ich jetzt einmal einwenden, dass ich schon öfter längere Strecken mit einem E-Auto gefahren bin und diese Sorgen sonst nicht kenne, denn im Normalfall stecke ich das Auto einfach zwischendurch während des Wanderns oder während des Mittagessens an oder hänge es an der Autobahn an den Schnelllader und gönne mir einen Espresso.

Entgegen der Navi-Empfehlung fahre ich in Alland von der Westautobahn ab und durch das Helenental. Das spart einige Kilometer. Beim Landgasthof zur Cholerakapelle mache ich eine kurze Fotopause. Bislang habe ich 88 Kilometer zurückgelegt, aber schon 135 km Reichweite verloren. Immerhin ist der Akku noch bei 81%.
Normalerweise erspare ich mir ja solche Kopfrechnungen, aber diesmal möchte ich es wissen. Ich nehme mir vor, doch nachzuladen, falls ich mit unter 60% in Markt Sankt Martin ankommen sollte.

Denkste! Auf den 74 Kilometern von der Cholerakapelle nach Markt Sankt Martin hab ich gerade einmal 64 Kilometer Reichweite verloren – und das, obwohl ich die Kurven im Helenental durchaus etwas forscher angegangen bin. Der Geist von Alpine macht sich auch im Fahrverhalten bemerkbar. Im Anbetracht seiner inneren Größe, des Gewichts und der Leistung fährt sich der komfortable Franzose sehr agil und sportlich. Natürlich nicht so sportlich wie leistungsstärkere (SUV-)Coupés, aber doch sportlicher als so manche SUVs dieser Preis- und Leistungsklasse.

Nach der ersten Wanderung durch die Weingärten des Mittelburgenlands nehme ich mir Zeit, die Karosserie einmal genauer zu betrachten. Ursprünglich ein Kompaktvan auf Basis des Mégane, ist der Scénic der 5. Generation nun eher ein SUV. Ich schreibe jetzt bewusst “eher”, weil dem Scénic im Vergleich zu “richtigen” SUVs wie beispielsweise dem Opel Grandland etwas Bodenfreiheit fehlt, auf den Grandland fehlen ihm auch rund 20 Zentimeter, wovon man zwar beim Einparken viel, im Innen- noch im Kofferraum jedoch wenig merkt.

Dennoch tritt der Scénic selbstbewusst auf und überrascht mit einer durchaus spannenden, aber stets harmonischen Linienführung. Von der Motorisierung abgesehen sind die versenkten Türgriffe der einzige Unterschied, der im Vergleich zu den anderen SUVs von Renault sofort ins Auge sticht.

Meine nächste Station, den Keramikort Stoob erreiche ich mit 367 km Restreichweite (ich habe auf 8 km 18 km verloren) bzw. 65% Ladestand. Ausgerechnet am Ausgangspunkt der geplanten Wanderung vor dem Gästehaus Stoob erwarten mich hier zwei freie Ladestationen.

Natürlich würde jeder normale Mensch jetzt hier sein E-Auto anstecken und bequem während der Wanderung nachladen. Das kann der Scénic übrigens mit 22 kW Wechselstrom oder 150 kW Gleichstrom. Ich bin jedoch hart geblieben und hab dem Testwagen den Saft versagt. Für geschätzte 70-80 Kilometer hätte ich bei der 11 kW-Ladestation während der einstündigen Runde durch die Streuobstwiesen schon nachladen können – immerhin die Strecke zurück ins Helenental. Aber ich bleibe hart.

Nach der Wanderung geht es ins 15 km entfernte Horitschon. Auf dem Weg verliere ich nur 10 km Reichweite bzw. 3% Ladung.
Ob es hier eine Ladestation gibt? Ja, sicher. Irgendwo, mir egal. Mit 62% Restkapazität ist der Rückweg locker zu schaffen. Beruhigt gehe ich einmal den Blaufränkischweg.

Danach darf der Scénic beim “Blaufränkischblick” bei der abschließenden Fotosession mit der Sonne um die Wette strahlen.

Im sportlich-bequemen “Esprit-Alpine”-Sitz geht es sorgenfrei zurück nach Hause. Innerlich strahle ich weiter, genieße das komfortable Fahrwerk und den absolut perfekten Spurhalteassistenten. Überhaupt sind alle Helferlein gut abgestimmt. Nie fühlt man sich bevormundet und auch die Bedienung gibt keine Rätsel auf. Alles, was man braucht ist da und hilft, wenn es notwendig ist. So ist der Scénic auch für E-Mobilitäts-Neulinge eine gute Wahl.

Die Fahrt endet wieder in Krems – mit 24% Akkukapazität und 135 km Restreichweite. Die restlichen vier Tage dieser Woche hätte ich also mit dem Auto noch zur Arbeit und zurück fahren können. Dennoch darf der Scénic vor der Rückgabe kurz an den Schnelllader.
Auf insgesamt 379 km habe ich 449 km Reichweite verloren. Das ist mehr als nur akzeptabel. Wenn ich richtig gerechnet habe, lag mein Verbrauch bei 17,5 kWh/100 km, nur knapp über dem WLTP-Wert von 16,8 kWh/100km. Klar gibt es sparsamere Autos, im Anbetracht der Bauart und des riesigen Platzangebots geht das aber in in Ordnung.
Werfen wir abschließend noch einen kurzen Blick auf den Preis, der sich natürlich rasch ändern kann. Mit kleinem Akku und 170 PS gibt es den Scénic in Österreich derzeit (Stand September 2025) bereits ab 40.890,- Euro, die 220 PS-Version mit großem Akku beginnt bei 47.890,- Euro, bei der Esprit Alpine-Ausstattung werden 49.890,- Euro fällig.
Das ist zwar nicht gerade wenig Geld, aber rund 2.000,- weniger als derzeit der billigste Passat mit Basismotorisierung und -ausstattung kostet.
Im Anbetracht der Reichweite ist der Scénic sowieso ein Schnäppchen. In dem Preisbereich bietet sonst nur der Tesla Model Y über 600 km WLTP-Reichweite, nämlich 622 km Reichweite für 48.570,- Euro. So viel bietet auch kein chinesischer Hersteller. Nicht zu vergessen und zu verachten ist auch die für die E-Fahrzeuge von Renault typische hohe europäische Wertschöpfung.

FAZIT:
Den Test hat der Scénic bravourös bestanden. Die nicht ganz 400 km ins Mittelburgenland und zurück waren überhaupt kein Problem. Mit dem würde ich überall hinfahren und das am liebsten sofort – auch an die Ostsee, die Nordsee, ja von mir auch gerne ans Nordkap oder zum Kap Finisterre. Auch als Außendienst-Fahrzeug ist er eine sehr gute Wahl.
In der kompakten Karosserie verbirgt sich ein Raumangebot, das für den Familienurlaub locker ausreicht, dazu gibt es viel Fahrkomfort mit einem Schuss Sportlichkeit. Ein solides und verständliches Fahrzeug, dem man maximal ein bisschen zu viel Understatement vorwerfen kann.
In Punkto Reichweite markiert er nicht nur die Spitze in seinem Preissegment, sondern stellt auch eindrucksvoll unter Beweis, dass der E-Pionier Renault auch weiterhin im globalen E-Auto-Wettkampf ganz weit vorne mitspielt und das Rennen für die europäischen Hersteller alles andere als verloren ist.
Im Bewerb um das beste elektrische Familienauto zählt der Scénic E-Tech für mich zweifelsohne zu den absoluten Top-Favoriten.
Weitere Autotests:
Maxus eTERRON 9 – Beeindruckend unbeeindruckt (Kurztest)
Pick-Up und E-Antrieb? Widerspruch oder Idealkombination? Ich durfte das Spitzenmodell von Maxus einem kurzen Test unterziehen.
Alpine A290 – elektroschockverliebt (Kurztest)
Für alle, die sich fragen, wie emotional E-Autos sein können, gibt es jetzt eine eindeutige Antwort und die lautet A290.
KGM Musso EV – Mit dem goldenen Nashorn durch Wald und Weinberge
Unter neuem Markennamen startet der Musso jetzt als Elektro-Pick-Up durch – mit unglaublicher Garantie zum Wahnsinnspreis.
Dacia Spring – Wie groß ist klein?
Klein, elektrisch und made in China. Kann das gutgehen? Wer seine Vorurteile überwindet, wird mit dem Dacia Spring viele positive Überraschungen erleben.
BYD SEAL U DM-i Design – mit der Kraft der drei Herzen
BYD SEAL U DM-i Design - mit der Kraft der drei Herzen 24.07.2025 Plug-in-Hybrid-Allradler mit zwei E-Motoren und "Electric-First"-Prinzip. Für wen lohnt sich diese seltene Kombination? Eigentlich heißt dieses Auto ja BYD Song Plus und ist in China bereits seit 2020...
BYD Atto 2 – das grüne Wanderbärchen
Der BYD Atto 2 ist ein charmantes kleines SUV mit ordentlich Elektro-Power für Alltag und Ausflüge.
Hyundai Ioniq 6 N – Mut wird jetzt mit N abgekürzt (Sneak Preview)
Die Spitzenversion der Elektro-Mittelklasselimousine liefert Leistungsdaten, die vor Kurzem noch Supersportlern vorbehalten waren.
Ford Mustang Mach-E AWD – Eruptiver Familiensport
Darf ein familientauglicher SUV den legendären Namen Mustang überhaupt tragen? Nach wenigen Kilometern war die Antwort klar!
Renault 4 E-Tech – L’art de vivre electrique (Kurztest)
Bei der Fahrt über Weinberge und durch Kellergassen offenbart sich der wahre Charakter des Renault 4 E-Tech.