
Subaru Solterra – sicheres Leben unter dem Radar
30.05.2025
Wer beim globalen E-Auto-Wettbewerb die Japaner übersieht, macht einen Fehler. Nicht nur für Landwirte ist der Solterra eine gute Wahl!
Wenn du jemanden bittest, einige E-Auto-Hersteller aufzuzählen, werden wahrscheinlich auch etliche chinesische Newcomer genannt werden, die vor 2 Jahren noch niemand kannte. Subaru wird wohl kaum jemanden einfallen.
Nicht nur für Städter läuft Subaru heute zu oft unter dem Radar. Dabei war es Ende der 1970er- / Anfang der 1980er-Jahre noch ganz anders. Als ich als Kind im Mostviertel mit meiner Großmutter wandern war, stand gefühlt bei jedem zweiten Bergbauernhof ein Subaru Leone. Die Sicherheit des Allradantriebs, etwas höhere Bodenfreiheit in Verbindung mit PKW-Komfort und Features, die nicht einmal die für die meisten Landwirte ohnehin unleistbaren Mercedes W123 aufweisen konnten, haben erst viele Jungbauern überzeugt. Auch jene, die die Fähigkeit der Japaner, Autos zu bauen, zuvor angezweifelt hatten. So mancher Altbauer, der zuvor ob des “asiatischen Klumperts” noch kopfschüttelnd beteuert hatte, seinem Käfer bis zum Tod treu zu bleiben, wurde schon wenig später stolz im Justy die Bergstraßen hochkraxelnd beobachtet.
Mein Vorurteil “Bauernauto” kann ich leider schwer ablegen. Ich sehe es aber ohnehin positiv. Viele Freunde und Verwandte von mir sind in der Landwirtschaft tätig und Engelbert Strauß zählt ja auch in meinem Kleiderschrank zu den meistvertretenen Marken. Also lass ich vom inneren Kampf gegen das Vorurteil ab und spiele lieber mit den Klischees.

Nähern wir uns jetzt dem Solterra, den ich mir im Autohaus Fragner in Langenlois kurz ausgeborgt habe. Eingeweihten, und damit meine ich jetzt richtig eingeweihten, wird auffallen, dass der Solterra einen Zwillingsbruder hat, nämlich den bZ4X von Toyota. Der Hybrid- und Wasserstoff-Pionier hält seit einiger Zeit 20% an Subaru.
Vorteil Subaru: Vom Solterra kann auch der Altbauer selbst beim letzten Bier am Dorfkirtag erzählen. Wer nicht gerade als Kryptograph arbeitet, schreibt maximal über den bZ4X – und das nur im stocknüchternen Zustand.
Vom Design her gefällt der Japaner durchaus auch dem europäischen Auge. Nicht nur Landwirte werden ihre Freude an den normalen Türgriffen finden, die auch mit Arbeitshandschauen ordentlich angepackt werden können.

Subaru-Kenner werden sich beim Einsteigen wundern. Keine rahmenlosen Scheiben mehr! Auch das ordentlich in der Hand liegende Lederlenkrad ist ungewöhnlich. Mehr noch als jenes des R5 E-Tech erinnert es an das berühmt-berüchtigte “Quartic”-Lenkrad von Austin in den 1970ern. Gut, damals waren die heutigen Altbauern noch rank und schlank und die heutigen Jungbauern noch nicht geboren. Mittlerweile schätzen alle, die einen höheren BMI als Heidi Klums GNTM-Kandidatinnen aufweisen können, das abgeflachte Lenkrad beim Einsteigen.
Ich bin hier übrigens die E-xperience-Version gefahren, die mit grauen Stoffbezügen wohl eher für Büromenschen gedacht sind. Für die Wildnis gibt es die Version E-xperience+, deren Sitze mit abwischbarem schwarzen “synthetischen Leder” bezogen sind. Bei lifestyle-orientierteren Marken nennt wird sowas “veganes Leder” genannt, bei der klassischen Zielgruppe Subarus ist soviel Wokeness nicht notwendig.

Gestartet wird zeitgemäß über den Power-Knopf, danach muss man den Drehknopf in der Mittelkonsole erst nach unten drücken und dann erst ein Stückchen nach links oder rechts drehen. Wer im steilen Gelände unterwegs ist, braucht sich also keine Sorgen machen, irrtümlich den in den Retourgang zu wechseln anstatt den Scheibenwischer zu aktivieren.
Den X-MODE Offroad-Assistenten mit 2 Modi (Schnee/schmutzige Fahrbahn bzw. Tiefschnee/Schlamm) und Grip Control habe ich mangels Gelände, nein, natürlich aus Respekt vor dem Händler und seiner äußerst charmanten Verkäuferin, nicht ausprobiert.

Die Bedienung ist im Großen und Ganzen recht einfach. Die Verkehrszeichenerkennung keift allerdings ärger als es in meiner Kindheit die strengste Altbäuerin gemacht hat. Diese kann der Solterra-Pilot jedoch selbst dann mitnehmen, wenn sie unter starker Klaustrophobie leidet. Die Möglichkeit, die 360°-Kamera auch während der Fahrt zu aktivieren, hilft beim Ausweichen auf Feldwegen enorm, genauso bei Engstellen wie diesem schmalen Wehr, das ich überqueren musste, da ich mich leider verfahren hatte.
Mit 160 kW (218 PS) ist der Solterra – und das traue ich mich auch ohne Autobahnfahrt behaupten – ausreichend motorisiert, ohne sich sowieso unnötigen und in Österreich mittlerweile auch steuerlich unvorteilhaften PS-Orgien hinzugeben. 6,9 Sekunden stehen für den Sprint auf 100 km/h an. Ein durchaus attraktiver Wert, den im Alltag jedoch die wenigsten ausnutzen werden.
Um die je 168,5 Nm Drehmoment der beiden gleich starken Motoren auf die vier Räder zu bringen, muss man nämlich mit einer gewissen Kraft auf das Gaspedal drücken. Was auf’s Erste verwundert, ist jedoch durchdacht und konsequent. Das Auto ist ja schließlich dafür gebaut, von Gummistiefelträgern im Gelände bewegt zu werden.
Das Auto liegt gut auf der Straße, was bei etwas mehr als 2 Tonnen Leergewicht auch zu erwarten ist. Dennoch fährt es sich bemerkenswert agil, sodass man sich auch ohne die tolle Kamera ohne Bedenken selbst in die ältesten und engsten Wiener Tiefgaragen wagen würde.

Der Kofferraum hat mit ca. 450 Liter ausreichend Volumen, der Platz auf der Rücksitzbank ist großzügig. Mit 465 km Reichweite in der Variante E-xperience und 150 kW DC-Ladeleistung ergibt sich eine Reisetauglichkeit, die die Anforderungen der wichtigsten Zielgruppen weit übersteigt. Diese wird den 71,4 kW-Akku wohl ohnehin eher mit 11 kW AC-Ladeleistung mit dem kostenlos selbst erzeugten Strom von der Solaranlage auf dem Hofdach laden.
Erstaunt hat mich die Reichweitenangabe im Display: Die Differenz zwischen gefahrenen Kilometern und verlorener Restreichweite lag bei meiner ersten Testfahrt um nicht einmal 5% auseinander, da hab ich bei anderen Marken schon was ganz anderes erlebt.

Derzeit (Mai 2025) liegt der Solterra in Österreich preislich auf dem Niveau elektrischer Fronttriebler dieser Größe, also mit einem Vierer auf der Zehntausenderstelle. Allradler wird man auch bei den Benzinbrüdern dieser Klasse kaum um den Preis finden und wenn, dann ohne die vielen cleveren Features und Gimmicks, die von über 50 Jahren Geländekompetenz der Marke zeugen. Nach Ablauf der dreijährigen Werksgarantie gibt es übrigens zusätzlich 5 Jahre Garantie ohne Begrenzung der Laufleistung über die Real Garant.
Fazit
Auch ohne rahmenlose Scheiben und Boxermotor verkörpert der Solterra den Kern der Marke: Allradantrieb, Geländekompetenz, Robustheit und hohe Qualität zum fairen Preis. Das macht ihn – so wie vor 40 bis 50 Jahren der Leone – zum perfekten Fahrzeug für Landwirte, Förster und Jäger.
Die Gummistiefeltauglichkeit sieht man dem Auto auf den ersten Blick gar nicht an und so werden auch Städter, die gerne zum Wandern oder für andere sportliche Aktivitäten aufs Land fahren, mit dem Auto eine große Freude haben, die auch bei der Fahrt in die Tiefgarage oder zum Galaabend nicht getrübt wird.
Generell ist der Solterra für alle, die ein Kompakt-SUV suchen, eine interessante, aber von viel zu wenigen bedachte Alternative, die man sich unbedingt ansehen sollte!
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